Institut für Geologie

Durchsichtige Steine: Die Suche nach Fluiden in der Tiefe mittels Mikroanalyse von Elementen und Isotopen

Minerale enthalten wichtige Informationen zu Temperatur- und Druckbedingungen in der Erdkruste. Deshalb untersuchen Geologen Minerale in 20-30µm dicken Gesteinsplättchen – Dünnschliffe – unter dem Mikroskop. Daraus können Forschende Rückschlüsse ziehen auf Flüssigkeiten in der tiefen Erde und die Umwandlung von Gesteinen sowie auf damit verbundene Phänomene wie Plattenkollisionen und Gebirgsbildungen. Daniela Rubatto, Professorin für Isotopengeochemie, entwickelt neue Methoden, um Veränderungen der chemischen und isotopischen Zusammensetzung von Granatmineralen zu untersuchen.

Granatglimmerschiefer
Dünnschliffbild eines „Granatglimmerschiefers“: Die bunten, länglichen Glimmerminerale richten sich unter Druck in eine bestimmte Richtung aus, während die härteren, schwarzen, kugeligen Granate „umflossen“ werden. (Aufnahme Alice Vho, Doktorandin)

Wenn Kontinente zusammenstossen

Bei einer Plattenkollision taucht eine Platte unter die andere ab. Dabei entstehen Scherzonen, entlang derer das Gestein zerschert und verformt wird. So gelangt beispielsweise ein Tongestein während einer Gebirgsbildung in die Tiefe und Tonminerale wandeln sich in sogenannte Glimmerminerale um. Geologen sprechen dann von metamorphen Gesteinen. Gelangt das Gestein in Tiefen von bis zu 100 Kilometer, entstehen durch den hohen Druck und je nach Chemismus des Gesteins Granatminerale.

Metamorphe Gesteine sind Zeugen von Prozessen, die im Erdinnern bei hohen Drucken und Temperaturen ablaufen (P-T). Je nach Druck- und Temperaturbedingungen kommen ganz bestimmte Minerale gemeinsam in den Gesteinen vor.

Welche Informationen liefern zonierte Minerale?

Die Komplexität der Gesteinstexturen sowie die verschiedenen zonierten Minerale zeigen Geologen, dass spezielle Prozesse ablaufen während Phasen, in denen sich der Druck, die Temperatur, die Verformung oder die Fluide (flüssige Lösungen die vor allem Wasser enthalten) ändern. Um die Dynamik von Prozessen in der Erdkruste zu rekonstruieren, wollen Petrologen und Geochemiker mehr über die Entstehungsbedingungen der verschiedenen chemischen Zonen innerhalb von Einkristallen erfahren (siehe Bild). Um dieses Ziel zu erreichen, konzentrieren sich die Forschenden auf die Mikroanalyse von Chemie- und Isotopensignaturen. Isotope sind Atome des gleichen chemischen Elements, deren Atomkerne gleich viele Protonen, jedoch unterschiedliche viele Neutronen enthalten.

Granat in Hochdruckgestein
Granat eines Hochdruckgesteins: Chemische Zonierung (Graustufen oder Farbe) und Zonierung der Sauerstoffisotope (Zahlen zeigen die Sauerstoffvariationen)

Die Forschungsgruppe an der Universität Bern ist auf die Mikroanalyse von Haupt- und Spurenelementen, sowie Isotope in metamorphen Gesteinen spezialisiert. Innerhalb dieser Gruppe entwickelt Professorin Daniela Rubatto neue Methoden, um Sauerstoffisotope im Mikrobereich zu messen. Dazu nutzt sie die SwissSIMS Mikrosonde der Universität Lausanne.

Sauerstoff ist ein Hauptbestandteil von Mineralen und wässrigen Lösungen. Schwankt die Isotopenzusammensetzung von Sauerstoff in den Mineralzonen, können die Forschenden Rückschlüsse ziehen auf die Fliesspfade der wässrigen Lösungen durch das Gestein. Wenn sie diese Information mit der chemischen Zonierung und dem Alter der Minerale kombinieren, können sie den Verlauf von Druck, Temperatur, Zeit und Fluiden von tiefen geologischen Prozessen rekonstruieren.

Die Erdkruste hat zwei Hauptreservoire: die kontinentale und die ozeanische Kruste. Dank der Wechselwirkungen zwischen Mineralen und wässrigen Fluiden tauchen in den Reservoiren ganz bestimmte Leitminerale auf. Diese Annahme erfordert die Entwicklung oder Verfeinerung von Protokollen oder Standards für die gezielte Mikroanalyse der Sauerstoffisotope in den Mineralen wie Granat, Glimmer, Quarz, Zirkon, Monazit und Apatit. Beispielsweise zeigen Granate an, dass das Gestein Drucke bis 40 Kilobar und Temperaturen bis 900 Grad erlebt hat.

Die Geologen kombinieren die Messungen der Sauerstoffisotope mit Spurenelementanalysen, um elementare Spuren für Interaktionen zwischen Fluiden und Mineralen zu erforschen. Zusammen mit Altersbestimmungen im Mikro- und Mineralmassstab können die Forschenden den Zeitpunkt der Fluidzirkulation bestimmen.

Um den analytischen Ansatz noch genauer zu untersuchen, arbeitet Daniela Rubatto mit Pierre Lanari zusammen. Er untersucht mit klassischen Vorwärtsmodellierungen die Entwicklung der Zusammensetzung der Isotope in den Mineralen und Fluiden.

Fluide als Schlüssel geologischer Prozesse

Erste Resultate zeigen, dass die Umwandlung der Fluide im Mineralmassstab ein übliches Phänomen ist in einer Vielzahl von Gesteinstypen, die aus Subduktionszonen stammen. Subduktionszonen sind Gebiete, in denen eine Krustenplatte unter eine andere abtaucht. Die Gesteine zeichnen also die Zirkulation von Fluiden bis in Tiefen von 50-100 Kilometern auf. Die Resultate zeigen auch, dass die Fluide während der Subduktion entweder in engen Scherzonen konzentriert sein können oder verdünnt über mehrere Kilometer verteilt sein können. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Fluidregimen ist von grundlegender Bedeutung für die Rekonstruktion der Dynamik der Subduktion.