Institut für Geologie

Gesteine aus Zermatt geben Hinweise, wie Wasser ins Erdinnere gelangt

6.6.2018

Wasser im Inneren der Erde beeinflusst viele wichtige geologische Prozesse. Die Entwicklung der Erde und des Lebens ist stark mit dem tiefen Wasserkreislauf verknüpft.

Gesteine aus Zermatt wurden im Rahmen der Alpenbildung vom Meeresboden bis in 80 km Tiefe versenkt. Die detaillierten Untersuchungen der Zermatter Gesteine durch Forscher der Universität Bern zeigen, wie Wasser in dieser Tiefe in Minerale eingebaut wird und wie Wasser in noch grössere Tiefen gelangen könnte. Die Resultate werden im Fachjournal «GEOLOGY» publiziert.

Die Erde besitzt nicht nur einen lebenswichtigen Wasserkreislauf, der die Atmosphäre und Hydrosphäre verbindet, sondern auch einen tiefen Wasserkreislauf, in dem Wasser über Jahrmillionen durch das Erdinnere transportiert wird. In der ozeanischen Kruste wird durch hydrothermale Interaktion Wasser in die Struktur von Mineralen eingebaut. Durch die Plattentektonik gelangt in Subduktionszonen die ozeanische Kruste mit den wasserhaltigen Mineralen ins Erdinnere. Beim Transport in die Tiefe werden die Gesteine aufgeheizt und die wasserhaltigen Minerale werden dabei in 50-100 km Tiefe durch neue, wasserfreie Minerale ersetzt. Das in den Mineralen gespeicherte Wasser wird dabei freigesetzt. Ist es aber trotzdem möglich, dass Spuren von Wasser in die neu gebildeten Minerale eingebaut werden könnte? Könnte Wasser so in noch grössere Tiefen transportiert werden und was für einen Einfluss hätte dies auf den langfristigen bis zu hundert Millionen Jahre dauernden Wasserzyklus?

Diesen Fragen sind der Doktorand Elias Kempf und Prof. Jörg Hermann der Universität Bern nachgegangen. Sie untersuchten mit Hilfe modernster Analysemethoden Gesteine aus Zermatt, die aus einer ehemaligen Subduktionszone stammen.

Fossiler Ozeanboden wurde in 80 km Tiefe verschluckt

Die Studie fokussiert auf Minerale in grünen Serpentinschiefern, welche am unteren Theodulgletscher zu finden sind. Serpentinite können 12 Gewichtsprozent Wasser bei der ozeanischen Alterierung von Gesteinen des Erdmantels einbauen. Heutzutage bilden sich solche Gesteine am Ozeanboden des Atlantiks. Die Serpentinite von Zermatt entstanden am Meeresboden des Tethysozeans vor 160 Millionen Jahren, der vor der Alpenbildung die afrikanische und europäische Platte trennte. Als sich Afrika Richtung Europa schob, wurde die ozeanische Kruste verschluckt (subduziert) und die Relikte des Ozeanbodens bis in eine Tiefe von 80 km verfrachtet. In der nachfolgenden Kollision zwischen Afrika und Europa, welche zur Alpenbildung führte, wurden dann einige Relikte der subudzierten ozeanischen Kruste bis an die Oberfläche gebracht. Daher können Geologen nun Prozesse, die in 80 km Tiefe stattgefunden haben, mit dem Studium dieser Gesteine rekonstruieren. 

Spuren von Wasser in metamorphem Olivin

Die Gesteine aus Zermatt zeigen die metamorphe Umwandlung der wasserhaltigen Minerale Brucit und Serpentin zu “wasserfreiem” Olivin an, welche bei Temperaturen von 550°C in einer Tiefe von etwa 80 km stattgefunden hat. Detaillierte mikroskopische Untersuchungen der Absorption von Infrarotlicht haben gezeigt, dass 100-140 ppm (0.01- 0.014 Gewichtsprozent) Wasser in in diese neugebildeten Olivine eingebaut wurde. Bisher untersuchten Forschende den Wassereinbau in Olivin vor allem mit Experimenten im Labor bei höheren Temperaturen. Olivine aus dem oberen Erdmantel, welche durch vulkanische Ausbrüche an die Erdoberfläche gelangt sind, beinhalten auch geringe Mengen von Wasser. Geologen können den Prozess des Wassereinbaus jedoch nicht direkt beobachten. Die Wassergehalte der Olivine aus den Zermatter Serpentiniten gehören zu den höchsten Werten, die bisher an natürlichen Gesteinen gemessen wurden. Es ist auch die erste Studie die zeigt, dass metamorphe Olivine in Subduktionszonen signifikante Mengen von Wasser beinhalten.    

Wichtig für den Wasserhaushalt der Erde

Die Studie belegt, dass ein Transfer von Wasser vom Serpentin zum Olivin stattfindet. Im Gegensatz zu Serpentin ist Olivin im ganzen oberen Erdmantel stabil. Das heisst, das eingebaute Wasser kann durch die Subduktionszone in noch viel grössere Tiefen transportiert werden. Würde der ganze Erdmantel 140 ppm Wasser enthalten, dann könnte eine Wassermenge, die 1/3 des Wassers in allen Ozeanen entspricht, im Erdmantel gespeichert werden. Noch ist nicht klar, ob sich der tiefe Wasserkreislauf in einem Gleichgewicht befindet, und ob somit gleich viel Wasser durch Subduktion ins Erdinnere gelangt wie durch Vulkanismus wieder entweicht.

Angaben zur Publikation:

Elias Kempf & Jörg Hermann: «Hydrogen incorporation and retention in metamorphic olivine during subduction: Implications for the deep water cycle», Geology v.46, no 6, p571-574 Publication on 1.6.2018, doi.org/10.1130/G40120.1

Auskunft:

Prof. Dr. Jörg Hermann
Institut für Geologie
Universität Bern
Baltzerstrasse 1+3
3012 Bern
Tel.: +41 31 684 84 93 / joerg.hermann@unibe.ch

Elias Kempf
Institut für Geologie
Universität Bern
Baltzerstrasse 1+3
3012 Bern
Tel.: +41 31 684 47 38 / elias.kempf@geo.unibe.ch