Institut für Geologie

Institut für Geologie

ERC Starting Grant

3.9.2019

Informatik-Professor und Geologe erhalten 3.5 Millionen Euro Fördergelder

Zwei Forschende der Universität Bern erhalten vom Europäischen Forschungsrat (ERC) je einen der begehrten «Starting Grants». Informatik-Professor David Bommes will mit den Fördergeldern einen Durchbruch auf dem Gebiet der digitalen 3D-Modelle erreichen. Geologe Pierre Lanari untersucht mit Hilfe von neuen Computersimulationen die Wege von Flüssigkeiten im Erdinnern.

Heute gab der Europäische Forschungsrat (ERC) die Namen der Nachwuchsforschenden bekannt, die einen der begehrten «Starting Grants» erhalten. Die Starting Grants sind Teil von «Horizon 2020», dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der Europäischen Union. Von den Fördergeldern profitieren auch zwei Wissenschaftler der Universität Bern. 

David Bommes, Professor am Institut für Informatik erhält für sein auf fünf Jahre ausgelegtes Projekt «AlgoHex» (Algorithmic Hexahedral Mesh Generation) rund 1.5 Millionen Euro. Das Projekt «PROMOTING» (PROgrade metamorphism MOdeling: a new petrochronological and compuTING framework) von Pierre Lanari vom Institut für Geologie wird mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Die Laufzeit des Projekts beträgt ebenfalls fünf Jahre.

PROMOTING: Die Reise von Flüssigkeiten im Gestein modellieren

Wenn Gestein aus der Erdkruste ins Erdinnere absinkt und sich erhitzt, durchläuft es eine fortlaufende Umwandlung, bei der Flüssigkeiten freigesetzt werden. Diese spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Erdbeben, bei Magmatismus, beim Wachstum der Erdkruste oder bei globalen geochemischen Kreisläufen. Es gibt verschiedene Hypothesen über diese Wechselwirkungen zwischen Gestein und Flüssigkeiten (Fluid-Gestein-Wechselwirkung) in der Erdkruste. Es bleibt jedoch eine grosse Herausforderung, Fluidflüsse in Krustengesteinen zu erkennen, zu quantifizieren und ihre Pfade zu modellieren.

Das Ziel des Projekts «PROMOTING» von Pierre Lanari ist es, mit Hilfe von Computersimulationen zu verstehen, wie Flüssigkeiten die Gesteinsumwandlung im Erdinnern in einer Tiefe zwischen 5 und 100 Kilometern beeinflussen. Dazu entwickeln die Forschenden hochauflösende Bildgebungstechniken für die Gesteinsanalyse und erstellen das bisher erste Computermodell der Metamorphose (Veränderung der mineralogischen Zusammensetzung eines Gesteins), das die Bewegung von Flüssigkeiten von der Gesteins-Ebene bis zu Krustenabschnitten integriert. Die Ergebnisse der Computersimulation können mit geochemischen Daten von Gestein aus aller Welt verglichen werden. 

«Das Institut für Geologie der Universität Bern verfügt über High-Tech-Einrichtungen, die für dieses Projekt erforderlich sind», sagt Pierre Lanari. «Mit den Fördergeldern kann ich ein Forschungsteam aufbauen, neue Instrumente anschaffen und Feldkampagnen zur Sammlung von wichtigen Gesteinsproben organisieren», so Lanari weiter.

AlgoHex: Mit neuen Algorithmen digitale 3D-Modelle verbessern

Digitale 3D-Modelle spielen heutzutage eine wichtige Rolle in vielfältigen Bereichen, wie etwa Wettervorhersagen, der Entwicklung effizienter und sicherer Fahrzeuge, in der Filmindustrie oder in biomedizinischen Anwendungen. Speziell in der Simulation – also der computergestützten Vorhersage der Realität – werden die betrachteten Strukturen dabei oft in kleine, würfelförmige Elemente, sogenannte Hexaeder, zerlegt. Die einzelnen Elemente können elastisch deformiert werden. Das ermöglicht die Darstellung von beliebigen Formen, was für die Genauigkeit einer Simulation enorm wichtig ist. Dies ist ein grosser Vorteil gegenüber starren «Legomodellen», die treppenartig abgestuft sind.

Trotz intensivem Forschungsaufwand konnten bisher keine geeigneten Algorithmen zur automatischen Zerlegung von Formen in Hexaederelemente gefunden werden. In der Praxis ist die Konsequenz ein grosser finanzieller Aufwand: 3D-Modelle zu erzeugen, dominiert häufig die Gesamtkosten eines Simulationsprojektes. Ziel des Projekts «AlgoHex» von David Bommes ist es, mit einer neuen mathematischen Betrachtungsweise des Problems einen Durchbruch zu erreichen und Algorithmen zur automatischen Zerlegung in Hexaederelemente zu entwickeln. «Automatische Algorithmen sind enorm wichtig, um sowohl in Zukunft die Simulation von komplexen Phänomenen in neuen Anwendungen zu ermöglichen, als auch die Kosten in bereits bestehenden Einsatzgebieten zu reduzieren», erklärt David Bommes.

Mit den Fördergeldern will Bommes zwei Postdoktorierende, drei Doktorierende und mehrere studentische Hilfskräfte einstellen: «Der Starting Grant ermöglicht es, ein Team zusammenzustellen, das sich intensiv mit den Fragestellungen von AlgoHex befasst», sagt Bommes. An der Universität Bern finde er dafür gute Bedingungen vor: «Die Schweiz und speziell die Universität Bern ist ein attraktiver Standort für exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt – diese sind für ein ambitioniertes Projekt wie AlgoHex notwendig.»

Die ERC Starting Grants

Der von der Europäischen Union 2007 gegründete «European Research Council» (ERC) ist die erste gesamteuropäische Förderagentur für Spitzen-Grundlagenforschung. Seine Aufgabe und sein Anspruch ist die Förderung der freien Forschung der besten Forschenden Europas. Die Starting Grants sollen die talentiertesten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Europas darin unterstützen, eigene Teams aufzubauen und wegweisende Forschung über alle Disziplinen hinweg zu betreiben.

erc.europa.eu/funding/starting-grants

 

Über Pierre Lanari

Dr. Pierre Lanari ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geologie der Universität Bern. Er promovierte 2012 an der Universität Grenoble (Frankreich) in Geowissenschaften. Seine Arbeit zielt darauf ab, zu verstehen, wo und wie schnell sich Gesteine im Erdinneren verändern. Dafür kombiniert Lanari hochauflösende geochemische Analysen mit komplexen thermodynamischen Modellen.

Pierre Lanari war an der Entwicklung wichtiger Instrumente auf dem Gebiet der Geowissenschaften beteiligt, darunter die Kartensoftware XMapTools sowie an der Theorie, Technik und Anwendung fortschrittlicher petrologischer Modelle. Vor kurzem hat er einen Band der Reihe Reviews in Mineralogy and Geochemistry on petrochronologymit herausgegeben. Zudem ist er Mitherausgeber der Fachzeitschrift Computers and Geosciences

Kontakt: 
Dr. Pierre Lanari (Französisch, Englisch)
Institut für Geologie, Universität Bern
Telefon: +41 31 684 87 87 / pierre.lanari@unibe.ch 

 

Dr. Pierre Lanari
Dr. Pierre Lanari, Institut für Geologie, Universität Bern
Numerical simulation of fluid flow
Numerical simulation of fluid flow within a 2D crustal section made of metasediments. The distribution of fluids (shown on the left) and fluid flows are controlled by the compaction pressure (right) of the rock matrix.

Über David Bommes

David Bommes ist Professor für Computer Graphics und Leiter der Computergrafikgruppe am Institut für Informatik der Universität Bern. Nach dem Studium und der Promotion im Fach Informatik an der RWTH Aachen waren seine akademischen Stationen das Forschungszentrum Inriaim südfranzösischen Sophia Antipolis und die Graduiertenschule AICESan der RWTH Aachen, bevor er 2018 an die Universität Bern wechselte.

David Bommes’ Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Entwicklung von effizienten Algorithmen zur Erzeugung und Verarbeitung digitaler 3D-Modelle, sowie der numerischen Optimierung. Einige seiner Algorithmen zur Erzeugung von hochqualitativen 3D-Modellen sind heutzutage ein wichtiger Bestandteil von kommerzieller Anwendungssoftware.

Für seine Forschungsleistung hat David Bommes mehrere renommierte Preise erhalten, wie den Eurographics Best Ph.D. Thesis Award 2013und den Eurographics Young Researcher Award 2016.

Kontakt:
Prof. Dr. David Bommes
Institut für Informatik, Universität Bern
Telefon: +41 31 684 33 01 / david.bommes@unibe.ch

 

David Bommes
Prof. Dr. David Bommes, Institut für Informatik, Universität Bern
AlgoHex
Im Projekt «AlgoHex» werden Algorithmen zur automatischen Zerlegung von Formen in Hexaederelemente entwickelt. Die elastisch deformierbaren Elemente (unten) ermöglichen die Darstellung von beliebigen Formen. Dies ist ein grosser Vorteil gegenüber starren «Legomodellen», die treppenartig abgestuft sind (oben). (c) David Bommes